12. Juni 2025

Das Stromabkommen nützt den Verbrauchern – und dem Klima

Gastbeitrag im Tagesanzeiger vom 12.6.2025

Erneuerbare Energien seien durch das Stromabkommen bedroht, hiess es vom Gewerkschaftschef. SP-Nationalrätin Gabriela Suter widerspricht.

Kürzlich wurde das geplante Stromabkommen mit der EU leider auch von linker Seite kritisiert. Die mit dem Abkommen verbundene Strommarktliberalisierung würde die Konsumentinnen und Konsumenten hilflos dem Markt ausliefern und könne zu unbezahlbar hohen Stromrechnungen führen, hiess es. Die Kritik gipfelte in der Behauptung von Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard, das Abkommen würde den Ausbau der erneuerbaren Energien ausbremsen, weil die Stromproduzenten keinen Anreiz mehr hätten, in diese zu investieren. 

Was für ein Unsinn! Die meisten EU-Staaten haben die erneuerbaren Energien stärker und schneller ausgebaut als wir – und das in einem voll liberalisierten Markt. Im Stromabkommen wird zudem explizit festgehalten, dass der Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien erhöht werden soll. Deren Förderung ist auch mit dem Abkommen möglich.

Verständnis habe ich für die Sorge um das Portemonnaie der Schweizer Bevölkerung. Strom muss für alle bezahlbar bleiben. Warum ist das Abkommen auch aus Verbrauchersicht ein Gewinn?

Weniger Blackouts zu befürchten

Das Stromabkommen garantiert, dass wir im Winter bei Versorgungsschwierigkeiten Importe aus der EU beziehen können. Wegen neuer Handelsregelungen werden die Import- und Exportkapazitäten für die Schweiz ab 2026 massiv reduziert. Mit dem Abkommen müssen wir weniger Angst vor einer Strommangellage mit hohen Strompreisen haben. Und wir müssen weniger teure Reservekraftwerke bauen, die wir als Winterreserve über den Strompreis bezahlen.

Das Stromabkommen sorgt für Netzstabilität und reduziert die Gefahr von Blackouts. Um das Stromnetz jederzeit stabil zu halten, braucht es Regelenergie: Energie, die schnell zugeschaltet werden kann und unvorhergesehene Schwankungen ausgleicht. Die Schweiz hat keinen Zugang mehr zu den europäischen Regelenergie-Plattformen. Deshalb sind die Regelenergie-Kosten für uns in den letzten Jahren massiv gestiegen. Das Abkommen sichert den Zugang zu den Regelenergie-Plattformen und macht den Netzbetrieb stabiler. Das führt zu niedrigeren Kosten für die Schweizer Verbraucherinnen und Verbraucher.

Haushalte können endlich wählen

Mit dem Stromabkommen haben die Haushalte die Wahl, an den Markt zu gehen oder in der regulierten Grundversorgung zu bleiben. Wer weniger als 50’000 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbraucht, kann diesen auch weiterhin zu konsumentenfreundlich regulierten Preisen vom Energieversorger beziehen – so, wie es die Stimmbevölkerung mit dem Stromgesetz beschlossen hat. Neu ist es möglich, an den freien Markt zu gehen und wieder zurückzukehren. Mit dem freiwilligen Marktzugang erhalten endlich auch Haushalte die Möglichkeit, von den tiefen oder gar negativen Strompreisen an sonnigen Sommertagen zu profitieren. Aktuell sind sie der Beschaffungspolitik ihres Energieversorgers ausgeliefert.

Fazit: Das Stromabkommen ist aus Verbrauchersicht ein Gewinn. Es bietet uns Zugang zu netzstabilisierender Regelenergie und stärkt die Versorgungssicherheit mit Winterstrom aus Europa. Damit erhält die Schweiz jene Elemente, die ihr heute fehlen. Es minimiert die Gefahr von Strommangellagen und Blackouts, reduziert die Kosten für Regelenergie und Reservekraftwerke und ermöglicht den Haushalten den Gang an den Markt, ohne diesen vorzuschreiben. Mit der Marktöffnung, die Teil des Abkommens ist, wird der Ausbau der erneuerbaren Energien  einen Boost erfahren, von dem alle Konsumentinnen und Konsumenten in diesem Land profitieren. Ohne Stromabkommen hingegen werden unsere Stromkosten garantiert steigen.

Zum Gastbeitrag im Tagesanzeiger vom 12.6.2025