24. August 2021

Umweltverantwortung jetzt!

Meine Rede anlässlich der Lancierung der Umweltverantwortungsinitiative.

bildschirmfoto-2021-09-05-um-17.55.02

Rede anlässlich der Medienkonferenz vom 1.9.2021. Die Umweltverantwortungsinitiative wurde lanciert von den Jungen Grünen, den Grünen, der SP, Greenpeace und Personen aus der Wissenschaft. Die Initiative verlangt, dass die Schweiz sechs «planetare Grenzen» einhält: Klimawandel, Artensterben, Wasserverbrauch, Landnutzung, Luftverschmutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag. Die Initiative kann hier unterschrieben werden.

Die Umweltkrisen sind real. Spätestens seit dem Hochwasser in diesem Sommer ist klar: Die Auswirkungen der Umweltkrisen sind keine abstrakte Gefahr der Zukunft, wir spüren sie bereits heute. Die Krisen sind auch nicht etwas, was nur in weiter Ferne geschieht, wir sind hier in der Schweiz direkt von ihnen betroffen.
Wetterextremereignisse wie Starkniederschläge und Hitzewellen werden durch die Klimaveränderung zunehmen. Vor allem in den Städten und Agglomerationen, in denen immer mehr Menschen leben, führt die Hitze zu gesundheitlichen Schäden bis hin zu Hitzetoten. Auch Wasserknappheiten werden zunehmen.

Die Schweiz ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Die mittleren Jahrestemperaturen haben in der Schweiz seit Messbeginn 1864 um 2 Grad Celsius zugenommen. Dies ist fast doppelt so hoch wie das globale Mittel.

In der Schweiz trifft es die Bergregionen besonders hart. Der Klimawandel ist in den ökologisch besonders sensiblen Alpen viel stärker zu spüren als im Flachland: Ausbleibende Schneefälle und Trockenheit gefährden die wirtschaftlichen Grundlagen der Bergbewohnerinnen und Bergbewohner. Die Schneefallgrenze steigt und macht dem Wintertourismus zu schaffen. Die Gletscher gehen noch weiter zurück, der Permafrost taut auf und verschärft das Potenzial an Naturgefahren. Es besteht Waldbrandgefahr in ausgetrockneten Schutzwäldern. Instabile Hänge bedrohen zudem Siedlungen und Infrastrukturen. Und häufigerer Starkregen führt zu mehr Bergstürzen, Lawinen, Murgängen und Überschwemmungen.
Nicht zuletzt sind auch die Alpentiere und -pflanzen betroffen. Irgendwann können sie nicht mehr in höhere Lagen in kühlere Gebiete ausweichen und sie haben keine Chance, sich in diesem Tempo an die Klimaveränderung anzupassen. Die Klimakrise bedroht von den Korallenriffen im Meer bis hin zu unseren Murmeltieren die biologische Vielfalt und beschleunigt das Artensterben.

Klimaschutz ist Alpenschutz. Für unsere Bergregionen ist es zentral, dass wir so schnell wie möglich wieder im Einklang mit der Natur wirtschaften. Das schaffen wir mit der Umweltverantwortungsinitiative.
Ob wir die planetaren Grenzen einhalten oder nicht, entscheidet darüber ob unsere Kinder und Enkelkinder, die Gletscher und Enzian der Schweizer Berge noch erleben können. Es entscheidet darüber, ob die Menschen in den Bergregionen in existentielle Nöte kommen, wenn sich Winter ohne Schnee mit Sommer voller gefährlicher Unwetter oder zermürbender Trockenheit abwechseln. Es braucht entschiedenes und mutiges Handeln, um das Ökosystem und die Lebensqualität der Menschen in den Alpenregionen zu retten.

Die Umweltverantwortungsinitiative liefert uns aber nicht nur beim Klima, die nötige Lösung; sie spricht auch andere Umweltbereiche an, etwa den Biodiversitätsverlust. Auch hier ist die Schweiz stark betroffen: Knapp die Hälfte der Lebensraumtypen und die Hälfte aller bekannte Tier- und Pflanzenarten ist potenziell gefährdet oder bedroht. Insbesondere wertvolle Lebensräume nehmen flächenmässig stetig ab und verlieren an Qualität. So gibt es heute in der Schweiz 95% weniger Trockenwiesen und 82% weniger Moore als noch vor 120 Jahren. Die Gründe dafür sind vor allem die Zersiedelung, die intensive Nutzung von Böden und Gewässern und unerwünschte Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft.

Das Aussterben von Tieren und Pflanzen ist nicht einfach nur traurig, es stellt für die Menschen auch ein grosses Problem dar. Intakte Ökosysteme schützen vor Hochwasser und ermöglichen sauberes Trinkwasser, genügend Nahrungsmittel und Luftqualität. Mit dem Rückgang der Biodiversität nehmen jedoch diese Ökosystemleistungen ab. Dies hat zur Folge, dass für uns unverzichtbare Leistungen für Ernährung, Gesundheit und Wirtschaft so stark schwinden, dass wir sie künstlich ersetzen müssen. Dies ist aber nur in den wenigsten Fällen möglich und ist mit immensen Kosten verbunden.

Für die Lebensqualität in der Schweiz und für die wirtschaftliche Zukunft von Bergtourismus und Landwirtschaft ist es zentral, dass es eine Initiative wie diese gibt und wir unsere Umweltverantwortung wahrnehmen. Eine Schweiz innerhalb der planetaren Grenzen hilft uns allen: den Tieren, den Alpen und den Menschen, die hier wohnen.