5. Februar 2022

Resolution Stromversorgungs­sicherheit stärken

Resolution von Gabriela Suter, Jonas Hostettler und Nicola Siegrist am Parteitag der SP Schweiz vom 5.2.2022

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Foto: Helion

Resolution der SP Schweiz
Langfristige Stromversorgungssicherheit – die SP für den schnellen Zubau von erneuerbaren Energien und für zukunftsfähige Arbeitsplätze

Die Stromversorgung der Schweiz steht vor grossen Herausforderungen. Mit dem Scheitern des Rahmenabkommens ist ein Stromabkommen mit der EU in weite Ferne gerückt. Ohne Abkommen sind der Import und Export von Strom gefährdet. Dies erhöht die Gefahr einer Strommangellage am Ende des Winters. Die alten AKW sind am Ende ihrer Lebensdauer angelangt und ihre Leistung muss demnächst ersetzt werden. Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, müssen Industrie, Verkehr und Haushalte so schnell wie möglich dekarbonisiert werden. Dadurch wird der Stromverbrauch ansteigen.
Das Ziel der SP Schweiz ist es, möglichst bald eine klimaneutrale, sichere und bezahlbare Stromversorgung zu erreichen. Dafür braucht es jetzt massive Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien und in die Infrastruktur.

Der Ruf aus den Reihen der SVP und FDP nach längeren AKW-Laufzeiten sowie neuen AKW und Gaskraftwerken wird lauter. Solche rückwärtsgewandten Projekte sind weder nachhaltig noch umweltfreundlich und verhindern jede sinnvolle Planung der Stromversorgung. Die alten AKW sind störanfällig und können jederzeit ungeplant ausfallen, die Atommülllagerung ungelöst. Neue AKW sind weder politisch durchsetzbar noch wirtschaftlich sinnvoll und kämen, selbst wenn sie gebaut werden könnten, viel zu spät. Solche Nebelpetarden werden schliesslich dazu führen, dass plötzlich hastig grosse Gaskraftwerke zugebaut werden müssen. Damit würde die Klimaneutralität der Schweiz hinausgezögert. Statt Scheindebatten und Greenwashing der Hochrisikotechnologie Atomkraft braucht es jetzt eine mutige Vorwärtsstrategie beim Ausbau der erneuerbaren Energien, um die inländische Versorgungssicherheit zu stärken! Denn inzwischen sind Erneuerbare wie Photovoltaik und Wind, eingebunden in intelligente Backup-Systeme, die kostengünstigsten Stromerzeuger.
Eine sichere, klimaneutrale und bezahlbare Stromversorgung ist ein massiver Standortvorteil und dadurch Voraussetzung für attraktive Arbeitsplätze. Das wollen wir keinesfalls durch eine fehlende oder falsche Planung gefährden. Mit erneuerbaren Energien können Arbeitsplätze geschaffen werden – wenn die Strombranche günstige Rahmenbedingungen wie Planbarkeit und Investitionssicherheit vorfindet.

Die SP Schweiz fordert deshalb von Bundesrat und Parlament:
- Ambitioniertere Ausbauziele setzen: Es braucht ambitioniertere Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien im revidierten Energiegesetz und langfristig attraktive Rahmenbedingungen, um den Zubau der erneuerbaren Stromproduktion massiv zu beschleunigen. Der Bund muss dafür auch selbst finanzielle Mittel in die Hand nehmen. Denn der Ausbau von erneuerbaren Energien kommt erst in Gang, wenn Investitions- und Planungssicherheit gegeben ist.
- In die Solaroffensive gehen: Die Photovoltaik soll die wegfallende Leistung der AKW decken. Das ungenutzte Potenzial von Photovoltaik auf Dächern und Infrastrukturflächen ist riesig. In Kombination mit sinnvollen und intelligenten Backup-Leistungen können Schwankungen ausgeglichen werden. Nicht nur Dächer, sondern auch Fassaden, Verkehrsinfrastrukturen und Freiflächen gehören zu einer neuen PV-Strategie, wobei Rücksicht auf Biodiversität und Landschaft genommen werden muss. Priorität neben den Gebäuden erhalten PV-Freiflächenanlagen über versiegelten Flächen, alpine PV-Anlagen, ausgerichtet auf die «Winterlücke», Agri-PV und in sinnvollen Kopplungen Solarwärme.
- Stromproduktionskapazitäten zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter gezielt ausbauen und fördern: PV-Anlagen auf Dächern und Infrastrukturen über der Nebelgrenze und Fassaden-PV sowie Windkraft müssen gezielt ausgebaut und gefördert werden.
- Wasserkraft umweltverträglich optimieren: Die Wasserkraft ist ein wichtiger Pfeiler der erneuerbaren Energieversorgung, ihr Potential ist aber praktisch ausgeschöpft. Der Ausbau soll sich auf die Optimierung bestehender Anlagen und den punktuellen Zubau von Speicherwasserkraft unter Rücksichtnahme auf Natur und Landschaft konzentrieren. Kleinwasserkraftwerke sind nicht nur viel zu teuer, sie haben auch grosse Biodiversitätsverluste zur Folge.
- Energieeffizienzpotenzial ausschöpfen: Wo immer es möglich ist, muss der Stromverbrauch reduziert werden – rascher Ersatz der Elektro-Widerstandsheizungen durch Wärmepumpen, Ausschalten unnötiger Beleuchtung (z.B. Schaufenster), möglichst keine Standby-Verluste, beste Standards bei Neugeräten, Verbot von Crypto-Farmen etc.
- Zusätzliche Speichertechnologien fördern: Auch für die Tages- bis Jahreszeitenspeicherung braucht es eine koordinierte Vorgehensweise. Die Schweiz benötigt eine Speicherstrategie, um diese Speicherkapazitäten gezielt auszubauen. Die Konzepte dafür sind vorhanden: Überschüssiger Strom oder Überkapazitäten aus PV und Wasserkraft können in den Sommermonaten für die Erzeugung von Wasserstoff oder synthetischen Treibstoffen verwendet werden. In der Batterietechnologie gibt es massive Fortschritte und die Batterien von elektrischen Fahrzeugen können genutzt werden.
- CO2-neutrale Backup-Leistungen sicherstellen: Zur langfristigen Stabilisierung im Winter und zur kurzfristigen Stabilisierung bei Schlechtwetter sollen CO2-neutrale Backup-Leistungen ausgeschrieben werden. Dazu soll den Anbieter:innen möglichst viel Spielraum gegeben werden, damit innovative Konzepte umgesetzt werden können (z.B. Einbezug von Elektroautos und weiteren Batteriespeichern oder Wasserstoffspeicher).

Gabriela Suter, Aarau, Nationalrätin SP AG
Jonas Hostettler, Zürich, (delegiert durch die SP Sektion Zürich 3)
Nico Siegrist, Zürich, Kantonsrat ZH (delegiert durch die JUSO Schweiz)

Die Resolution wurde von den Delegierten der SP Schweiz vom 5. Februar 2022 mit 216:0 bei 5 Enthaltungen angenommen.

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