3. März 2022

Ja zur Gletscherinitiative, Ja zum Netto-Null-Ziel in der Verfassung

Mein Votum zur Gletscherinitiative anlässlich der Debatte im Nationalrat

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Fotomontage: Verein Gletscherinitiative

Mein Votum anlässlich der Debatte im Nationalrat vom 3.3.2022

Die Klimakrise ist real. Spätestens seit den letzten Hochwassern sollte es allen klar sein: Die Auswirkungen des Klimawandels sind keine abstrakte Gefahr der Zukunft, wir spüren sie bereits heute, auch hier, in der Schweiz.

Ja, die Schweiz ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Die durchschnittlichen Jahrestemperaturen haben in der Schweiz seit Messbeginn 1864 um 2 Grad zugenommen. Dies ist fast doppelt so hoch wie das globale Mittel.

Der neuste Bericht des Weltklimarats zeichnet ein beängstigendes Bild: Wetterextremereignisse wie Starkniederschläge und Hitzewellen werden durch die Klimaveränderung weiter zunehmen. Vor allem in den Städten und Agglomerationen, also da, wo die meisten Menschen leben, führt die Hitze zu gesundheitlichen Schäden bis hin zu Hitzetoten. Im Jahr 2060 wird es im Mittelland bis zu 45 Hitzetage geben, wenn sich das Klima weiterhin so erwärmt wie bisher. Trockenheit und Wasserknappheiten werden zunehmen – mit fatalen Folgen, auch für die Landwirtschaft.

In der Schweiz trifft es die Bergregionen besonders hart. Der Klimawandel ist in den ökologisch besonders sensiblen Alpen viel stärker zu spüren als im Flachland: Ausbleibende Schneefälle und Trockenheit gefährden die wirtschaftlichen Grundlagen der Bergbewohnerinnen und Bergbewohner. In den ausgetrockneten Schutzwäldern nimmt die Waldbrandgefahr zu. Die Schneefallgrenze steigt und macht dem Wintertourismus zu schaffen. Die Gletscher gehen noch weiter zurück, der Permafrost taut auf und verschärft das Potenzial an Naturgefahren. Instabile Hänge bedrohen Siedlungen und Infrastrukturen. Und häufigerer Starkregen führt zu mehr Bergstürzen, Lawinen, Murgängen und Überschwemmungen.
Vom Klimawandel sind auch die Alpentiere und -pflanzen betroffen. Irgendwann können sie nicht mehr höher hinauf in kühlere Gebiete ausweichen und sie haben keine Chance, sich so schnell an die Klimaveränderung anzupassen. Die Klimakrise verstärkt auch die Biodiversitätskrise. Sie bedroht von den Korallenriffen im Meer bis hin zu unseren Murmeltieren die biologische Vielfalt und beschleunigt das Artensterben.

Unsere Gletscher schmelzen, und mit ihnen läuft uns die Zeit davon. Denn die aktuelle Schweizer Klimapolitik ist zu wenig ambitioniert, sie genügt nicht.

Wir müssen jetzt rasch und entschlossen handeln: Die Gletscherinitiative ist ein erster, grundsätzlicher Schritt dazu.

Die Initiative gibt einen minimalen Rahmen vor, um das Netto-Null-Ziel 2050 zu erreichen. Die Schweiz hat das Pariser Klimaabkommen 2015 ratifiziert und sich dazu bekannt, bis 2050 eine Netto-Null-Gesellschaft anzustreben. Mit Annahme der Initiative schreiben wir dieses Ziel in unsere Verfassung. Zudem gibt die Initiative vor, dass unsere CO2-Emissionen mindestens linear abgesenkt werden müssen, und in einem Gesetz Zwischenziele definiert werden. Das ist ganz zentral! Ohne Zwischenziele droht das Netto-Null-Ziel zum Alibi-Ziel zu werden. Wenn wir Netto-Null 2050 erreichen wollen, müssen wir auch einen Absenkpfad definieren und uns klare Zwischenziele setzen.
Wenn wir die Initiative annehmen, muss die Schweiz Klimapolitik so betreiben, dass sie die Volkswirtschaft stärkt und dass sie sozialverträglich ist. Instrumente der Innovations- und Technologieförderung müssen genutzt werden.

Meine Damen und Herren:
Das Ziel ist klar: Die Schweiz muss bis spätestens 2050 klimaneutral sein. Je schneller wir den Schalter umstellen, desto mehr Chancen der Energiewende können wir packen. Statt jährlich Milliarden auszugeben für russisches Gas und Öl aus Kasachstan, sollten wir dieses Geld besser im Inland in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren. So stärken wir die Stromversorgungssicherheit der Schweiz. Ein klares Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien gibt den Investorinnen und Investoren und den Konsument:innen die nötige Planungssicherheit, der mindestens lineare Absenkpfad sorgt dafür, dass wir uns sofort auf die Socken machen und nicht noch einmal wertvolle Zeit verstreichen lassen.
Das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine zeigt klar: Wir müssen nicht nur wegen der Klimakrise aus den fossilen Energien aussteigen, dieser Ausstieg hat auch deshalb Priorität, weil wir unsere Abhängigkeit von russischem Gas so schnell wie möglich verringern müssen.
Sagen Sie deshalb Ja zur Initiative, Ja zum Gegenvorschlag des Bundesrats, und machen Sie auch den Weg frei für einen indirekten Gegenvorschlag mit wirksamen Massnahmen!