4. Februar 2022

Votum zur Initiative für ein Tier- und Menschen­versuchsverbot

Anstatt Radikalforderungen in die Bundesverfassung zu schreiben, sollten wir darauf hinwirken, dass die Gesundheits- und Pharmaforschung des Menschen vom Tierversuch wegkommt.

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Tierversuche sind ein schwieriges Thema. Das Leid der Tiere, die für die Wissenschaft und für unsere Gesundheit sterben müssen, berührt uns. Jeden Tag sterben in der Schweiz über 1000 Mäuse, die den Laborversuch hinter sich haben. Immer noch müssen in der Schweiz pro Jahr über eine halbe Million Mäuse, Ratten, Affen, Kaninchen, Hunde und andere Tiere für Experimente herhalten. Dazu gehören Verhaltensbeobachtungen, von denen die Tiere kaum etwas spüren. Man beobachtet etwa, ob Kühe im Laufstall gut ans Futter herankommen. Es werden aber auch schwer belastende Versuche durchgeführt: Tumore eingepflanzt, krasses Übergewicht angefüttert, Knochen gebrochen und Elektroschocks verpasst. Zwar werden heute zwei Drittel weniger Tierversuche als Anfang der 1980er Jahre gemacht. In den letzten zwanzig Jahren ist die Zahl allerdings konstant geblieben und hat nicht mehr abgenommen.
Die Initiantinnen und Initianten verlangen, Tier- und Menschenversuche ganz abzuschaffen. Zudem fordern sie das Importverbot von neuen Produkten, für die direkt oder indirekt Tier- oder Menschenversuche durchgeführt wurden. Diese radikale Haltung ist konsequent, was den Tierschutz angeht. Allerdings birgt sie auch sehr grosse Probleme.
Denn ohne viele dieser Tests gäbe es viele lebensrettende Medikamente nicht, die heute auf dem Markt sind. Es wären auch keine klinischen Studien mehr am Menschen möglich, etwa die Evaluation eines Medikamentes gegen Covid-19.
Die Annahme der Initiative würde die Human- und Tiermedizin massiv beeinträchtigen. Neue Behandlungsmethoden, die dank wissenschaftlichem und medizinischem Fortschritt entwickelt wurden, wären nicht mehr verfügbar. Diese Therapien könnten weder für die Schweizer Bevölkerung noch für Haus-, Nutz- oder Wildtiere genutzt werden. Auch Beobachtungsstudien an Primaten oder Nutztieren könnten nicht mehr durchgeführt werden, denn die Initiative unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Schweregraden. Verhaltensstudien kämen aber dem Tierwohl zugute.
Anstatt also Radikalforderungen in die Bundesverfassung zu schreiben, sollten wir darauf hinwirken, dass die Gesundheits- und Pharmaforschung des Menschen vom Tierversuch wegkommt. Deshalb braucht es mehr Gelder für die Forschung, die ohne Tierleid auskommt. Alternativen müssen gefördert werden, damit der Einsatz von Versuchstieren auf ein Minimum reduziert wird. Wir müssen - wie wir es mehrfach gehört haben - das 3R-Prinzip stärken; das heisst, erstens Tierversuche ersetzen, wo immer es Alternativmethoden gibt, zweitens so wenig Tiere einsetzen wie möglich und drittens die Versuche so schonend wie möglich durchführen. Statt einer Radikallösung brauchen wir einen schrittweisen Ausstieg aus den belastenden Tierversuchen.

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