2. Juni 2021

Votum zur Transparenzinitiative

Parteien und Komitees sollen grosse Spenden offenlegen, damit die Stimmberechtigten wissen, wer die Wahl- oder Abstimmungskampagnen finanziert.

Rede zur Transparenzinitiative anlässlich der Debatte im Nationalrat am 2. Juni 2021

Woher stammt das Geld für die Angstmacherkampagne gegen das CO2-Gesetz? Woher stammt das Geld für all die Plakate und Inserate, die uns suggerieren, Normalbürger_innen könnten sich einen Flug nach Mallorca nicht mehr leisten, weil er mit der Flugticketabgabe nicht mehr 220, sondern 250 Franken kosten wird – Woher stammt die Kampagne, die die Rückverteilung der Lenkungsabgaben systematisch unterschlägt? Wir wissen es: Von der Öl- und Autolobby – sie hat ja auch das Referendum gegen das Gesetz ergriffen. Wir wissen aber nicht, wie viel Geld effektiv eingesetzt wird und wer die Kampagne sonst alles noch mitfinanziert.
Woher stammt das Geld für die Kampagne JA zum CO2-Gesetz? Wir wissen es: Eine breite Allianz aus allen politischen Lagern und eine Vielzahl an Organisationen steht dahinter. Aber: Wie viel Geld wenden die Umweltorganisationen für die Kampagne auf? Wie viel die Wirtschaft, die Gewerkschaften, die Konsument_innenschutzverbände? Wir wissen es nicht.

Der Meinungsbildungsprozess – essentiell in einer direkten oder halbdirekten Demokratie – ist kostenintensiv. Politik kostet. Das gilt für Abstimmungskampagnen, das gilt aber auch für Wahlen.

Während in kleinen Kantonen wahrscheinlich nur wenig Geld fliesst, bleiben Kandidierende in grossen Kantonen wie Zürich, Bern oder dem Aargau chancenlos, wenn sie nicht tief ins Portemonnaie greifen. Als Parteipräsidentin im Aargau – dem viertgrössten Kanton – weiss ich, wovon ich spreche: Im letzten Ständeratswahlkampf gaben die vier Hauptkandidierenden im Aargau gemäss Eigendeklaration insgesamt rund eine Million Franken aus. Der Trend geht in Richtung immer höhere Ausgaben. Es soll mir niemand sagen, es sei für die Wählerinnen und Wähler nicht wichtig zu wissen, woher dieses Geld kommt, das eingesetzt wird! Mit grossen Spenden sind meist Erwartungen verbunden, mit grossen Spenden können Abhängigkeiten geschaffen werden.

Die Stimme einer Ständerätin, eines Ständerats, hat in unserem Parlament grosses Gewicht. Es ist deshalb unglaubwürdig, wenn der Ständerat von der Offenlegungspflicht ausgenommen würde, wie das die kleine Kammer beim indirekten Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative vorsieht. Das Argument, die Ständeratswahl sei im kantonalen Recht geregelt, sticht nicht. Gerade das Ständeratsmandat ist verbunden mit teuren Wahlkämpfen und mit grossem Einfluss. Es ist deshalb zu hoffen und zu wünschen, dass der Ständerat einschwenkt und der Einigungskonferenz zugunsten von Transparenz entscheidet.

Im Gegensatz zu allen anderen europäischen Staaten ist die Politikfinanzierung in der Schweiz völlig ungeregelt. In der Schweiz finden auf nationaler Ebene alle drei Monate Abstimmungen und alle vier Jahre Wahlen statt. Das macht das politische System unseres Landes aus, das ist eine grosse Qualität unserer Demokratie. Dass wir nicht wissen, woher das Geld kommt, das für eine Kampagne aufgewendet wird, ist gerade vor diesem Hintergrund hochproblematisch. Diese fehlende Transparenz schadet der Demokratie, dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik und dem Ansehen der Schweiz im Ausland. Denn Geld kann den Ausgang einer Wahl- oder Abstimmungskampagne beeinflussen. Denn schon nur der Verdacht auf Käuflichkeit eines Abstimmungsergebnisses schadet dem Vertrauen in die Legitimität politischer Entscheide.

Alle repräsentativen Umfragen zeigen, dass sich die Bevölkerung mehr Transparenz wünscht. Es ist deshalb sehr erfreulich, dass ein griffiger, indirekter Gegenvorschlag kurz vor dem Durchbruch steht, der die zentralen Forderungen der Initiative aufnimmt. Die Initiative würde zu noch mehr Transparenz in der Politikfinanzierung führen als der Gegenvorschlag. Unterstützen Sie deshalb die Minderheit Masshardt und sagen Sie Ja zur Transparenzinitiative!

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